Herstellung von Rum
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Die
Zuckerrohrpflanze ist eine der 12 verschiedenen Arten der Gattung Saccharum.
Zuckerrohr (botanisch Saccharum officinarum) gehört zu der Familie der
Süßgräser (botanisch Poaceae). Süßgräser sind weltweit in allen Klimazonen
vertreten und umfassen ungefähr 9000 verschiedene Arten. Typische Vertreter
neben dem Zuckerrohr sind beispielsweise Getreidesorten wie Gerste und Hafer,
aber auch Reis, Bambus und Mais.
Beschreibung
Im Vergleich zu
anderen Pflanzen aus der Gattung der Süßgräser ähnelt Zuckerrohr am ehesten dem
Bambus. Die Zuckerrohrpflanze wird bis zu 5 Meter hoch und ihre je nach Sorte
grünlichen bis bräunlichen Halme können einen Durchmesser von bis zu 5 cm
erreichen. Die Halme bestehen aus 10 bis 40 Zwischenstücken, den Internodien,
die auf 2/3 ihrer Länge aus süßem Mark bestehen. Dieses Mark ist der aus
wirtschaftlicher Sicht interessante Teil der Pflanze. Die Blätter des
Zuckerrohrs können bis zu 2 Meter lang werden. Die Blüten sind behaart und
stehen in dichten Rispen beisammen. Das Zuckerrohr ist eine einkeimblättrige
Pflanze und kann ein Alter von bis zu 20 Jahren erreichen
Zuckerrohr und Zucker
Bei der
Verwertung von Zuckerrohr sind nur die Halme von Interesse. Der Zuckergehalt
von Zuckerrohr beträgt in der Regel zwischen 17 und 20 Prozent. Die Vermehrung
von Zuckerrohr geschieht durch Triebe aus den Wurzeln.
Warum aber
besteht Zuckerrohr unter anderem aus Zucker? Die meisten Pflanzen lagern
Saccharose in Form von Stärke ein. Zuckerrohr, und übrigens auch Zuckerrüben,
produzieren zum einen sehr viel Saccharose und lagern es zum anderen
unverändert in ihren Zellen ein. Da der Zucker in den Stengeln zu finden ist,
werden auch nur die Stengel, nicht aber die Blätter weiterverarbeitet.
Anbau
Zuckerrohr
wächst in vielen tropischen und subtropischen Gebieten der Erde, wie beispielsweise
Südamerika und der Karibik, aber auch in Südostasien wie beispielsweise in
Indien, China oder Thailand. Voraussetzungen für ein gutes Wachstum sind
Temperaturen von 25-28 Grad Celsius und regenreiche Sommer. Unter diesen
Bedingungen gedeiht Zuckerrohr sehr gut und kann nach wenigen Monaten geerntet
werden.
Der eigentliche
Anbau von Zuckerrohr geschieht über Stecklinge. Diese werden in Reihen auf den
Plantagen gepflanzt und treiben nach wenigen Tagen aus, so dass neue Halme
entstehen. Je nach Klima kann nach 10-20 Monaten geerntet werden. Einige
Zuckerrohrsorten können nur noch ausschließlich über Stecklinge vermehrt
werden, da sie keinen fruchtbaren Samen bilden.
Die Ernte des
Zuckerrohrs ist auch heute noch sehr mühsam. Meist wird von Hand geerntet. In
manchen Gegenden werden die Zuckerrohrfelder aber auch abgebrannt, da aus
wirtschaftlicher Sicht nur die Halme, nicht aber die Blätter interessant sind
und so die anschließende Ernte vereinfacht wird. Dies ist aber aus ökologischen
Gesichtspunkten bedenklich. Eine weitere Alternative sind Erntemaschinen, die
aber noch eher selten eigesetzt werden. Das Zuckerrohr treibt nach der Ernte
erneut aus, so dass nach ungefähr einem weiteren Jahr die nächste Ernte
durchgeführt werden kann. Die Nutzungsdauer beträgt je nach Region 2 bis
5 Schnitte.
Geschichte
Die Ursprünge
des Zuckerrohrs werden in Südost-Asien vermutet. Häufig genannt werden in
diesem Zusammenhang die Länder Indien, China, Polynesien oder Neuguinea. Von Südostasien
aus trat das Zuckerrohr seine Reise durch die Welt an. Schon vor über 10000
Jahren wurde Zuckerrohr in Südostasien domestiziert. Zucker und vergorene
Zuckergetränke wurden erstmals um 350 v. Chr. in Indien aus Zuckerrohr
hergestellt. Im 7. Jahrhundert n. Chr. kam das Zuckerrohr schließlich durch die
Mauren nach Europa und um diese Zeit wurde auch Zucker in Europa produziert. Um
1450 wurde Zuckerrohr auf den Kanaren und Madeira angebaut, bevor das
Zuckerrohr Ende des 15. Jahrhunderts seine Reise in die "neue Welt"
antrat. Durch die dort entstehende Plantagenwirtschaft mit all ihren negativen
Erscheinungen wie Sklavenhandel wurde immer mehr Zuckerrohr angebaut und immer
mehr Zucker und natürlich auch Rum wurden produziert.
Die Ära des
Zuckerrohrs endete 1887. In diesem Jahr erfand Franz Karl Achard ein Verfahren
zur Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben. Damit nahm insbesondere in Europa
die Bedeutung des Zuckerrohrs zur Herstellung von Zucker ab. Dies ist, obwohl
Rohrzucker auf dem Weltmarkt sehr günstig ist, auch heute der Fall, da
Rohrzucker aufgrund hoher Einfuhrzölle in der EU nicht mit dem Rübenzucker
konkurrieren kann.
Ungefähr 55
Prozent der weltweiten Zuckerproduktion werden heute durch Zuckerrohr gedeckt.
Das entspricht schätzungsweise 65 Millionen Tonnen Zucker jedes Jahr. Die
restlichen 45 Prozent werden aus Zuckerrüben hergestellt.
Zuckerrohr und Rum
Man muss sich
im klaren sein, dass der Zuckerrohranbau fast ausschließlich zur
Zuckergewinnung dient und die Melasse zur Rumproduktion nur ein Nebenprodukt
ist. Zuckerrohr zur Produktion von Rum wird nur in sehr wenigen Fällen angebaut
und dann in der Regel, um Rum aus frischem Zuckerrohrsaft herzustellen.
Dennoch hat der
Zuckerrohr Einfluss auf den Rum. Von Gegend zu Gegend werden zahlreiche,
unterschiedliche Arten des Zuckerrohrs angebaut. Aber auch auf einer Plantage
werden meist mehrere Sorten Zuckerrohr angebaut. Zudem wird der Zuckergehalt
durch Klima und Bodentyp beeinflusst.
Vom
Zuckerrohr zur Melasse
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Rum kann entweder aus frischem Zuckerrohrsaft
oder aus Melasse hergestellt werden. Rum aus frischem Zuckerrohrsaft hat
seinen Ursprung meist auf einer französisch geprägten Karibikinsel. Man
spricht dann von "Rhum agricole". In den meisten rumproduzierenden
Ländern wird der Rum hingegen aus Melasse hergestellt. Man spricht dann von
"Rhum industriel".
Zuckerrohrsaft
Nach der Ernte führt der Weg des Zuckerrohrs so schnell wie es geht zur
Zuckermühle beziehungsweise Zuckerfabrik, da nach der Ernte der Zuckergehalt
abnimmt. Davor werden schon auf dem Feld alle Blätter entfernt, da nur die
Stengel für die Zuckerproduktion von Interesse sind. In der Zuckerfabrik
angekommen werden die Stengel des Zuckerrohrs für die weitere Verarbeitung
erst einmal in kleine Stücke zerhackt.
Im nächsten Arbeitsschritt wird der Zuckerrohrsaft gewonnen. Dies
geschieht in der Regel durch Auspressen des zerhackten Zuckerrohrs. Bevor der
Zuckerrohrsaft weiter verarbeitet wird, wird er einer einfachen Reinigung
unterzogen, um Schwebestoffe zu entfernen. Nach dem Auspressen bleibt neben
dem Zuckerrohrsaft die Bagasse, die faserigen Anteile des Zuckerrohrs, übrig.
Diese kann getrocknet als Energielieferant für die Zuckermühle eingesetzt
werden. Der nun vorliegende Zuckerrohrsaft ist bereits der Ausgangspunkt für
die Produktion von Rhum agricole.
Melasse
Der Rhum industriel wird hingegen aus Melasse hergestellt, die eigentlich
ein Abfallprodukt aus der Zuckerproduktion ist. Zur Zuckerproduktion wird der
gewonnene Zuckerrohrsaft im nächsten Schritt zu einem Sirup eingekocht. Durch
weiteres Einkochen des Sirups unter Unterdruck bilden sich Zuckerkristalle,
die vom Sirup abgetrennt werden, bevor der Vorgang der Kristallisation
mehrfach wiederholt wird. Nach Abschluss dieses Prozesses bleiben zwei Dinge
zurück: der kristallisierte Zucker und als Abfallprodukt die Melasse. Die
Melasse, eine braune, klebrige Masse, besitzt aber immer noch einen hohen
Zuckeranteil, aber dieser Zucker kann nicht oder nur unter unrentablen
Bedingungen kristallisiert werden. Diese Melasse dient als Ausgangspunkt zur
Gewinnung des Rhum industriel.
Geschichte
Die Entscheidung Zuckerrohrsaft oder Melasse als Grundstoff zur Gewinnung
von Rum einzusetzen ist eine von vielen wichtigen Entscheidungen bei
der Gewinnung von Rum. Früher wurde Rum fast ausschließlich aus Melasse
hergestellt. Erst mit dem Niedergang der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr
aufgrund der Zuckerproduktion aus der Zuckerrübe in Europa kam es verstärkt
zur Herstellung von Rum aus Zuckerrohrsaft, da Melasse als Abfallprodukt der
Zuckerproduktion nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung stand.
Probleme
Auch heute ist auf vielen karibischen Inseln trotz des eigenen Anbaus von
Zuckerrohr oftmals nicht ausreichend Melasse zur Rumherstellung verfügbar. In
diesem Fall wird Melasse vom südamerikanischen Festland, vorwiegend aus
Brasilien und Venezuela, importiert.
Ein weiteres Problem beim Einsatz von Melasse sind die immer besseren
Produktionsverfahren zur Kristallisierung von Zucker. Damit kann zwar mehr
Zucker gewonnen werden, aber gleichzeitig sinkt der Zuckergehalt der Melasse.
Das wiederum verringert den Alkoholgehalt, den man aus der Melasse gewinnen
kann, so dass eine größere Menge von Melasse benötigt wird um die gleiche
Menge Rum zu produzieren.
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Gärung |
Nachdem Zuckerrohrsaft oder Melasse aus dem
Zuckerrohr gewonnen wurde, geht es im nächsten Schritt weiter mit der Gärung.
Diesem Schritt wird in der Rumproduktion eine hohe Bedeutung zugemessen. Die
Gärung kann von Destillerie zu Destillerie unterschiedlich sein.
Das Wort Fermentation (oder auch Fermentierung) stammt vom lateinischen
Wort fermentum ab, welches auf Deutsch Sauerteig bedeutet. Allgemein versteht
man unter Fermentation eine beliebige biologische Reaktion. Der Begriff Fermentation
ist somit sehr allgemein, weshalb in diesem Text der Begriff Gärung verwendet
wird.
Definition
Unter Gärung versteht man den Prozess, währenddessen aus Zucker mit Hilfe
von Hefe Alkohol gewonnen wird. Als Nebenprodukte fallen Kohlendioxyd und
Wärme an. Dazu wird dem Zuckerrohrsaft bzw. der Melasse Hefe zugegeben.
Hefe
Der Hefe
kommt dabei besondere Aufmerksamkeit zu. Manche Destillen haben seit
Jahrhunderten eigene Hefekulturen, die sie bei der Gärung verwenden. Andere
Destillen verwenden Industriehefe, die sie für ihre Rumproduktion als
geeignet betrachten. Welcher der beiden Wege auch gewählt wird, der Auswahl
geeigneter Hefestämme gilt große Aufmerksamkeit. Meist sind Hefestämme für
bestimmte Einsatzgebiete gezüchtet.
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